Dienstag, 31. Juli 2007

La Morte accarezza a mezzanotte (aka Death walks at Midnight)

IT 1972
Regie: Luciano Ercoli


17. März 2006


Giallo, giallo, giallo. Als nächstes fällt Luciano Ercoli mit La Morte accarezza a mezzanotte zur Tür herein, und die Scheibe in den Player. Um es vorweg zu greifen…gegen Ende bin ich fast weggepennt.

Valentina (Susan Scott) willigt ein, für einen befreundeten Journalisten eine neue halluzinogene Droge zu testen (war total „In“ während den 70ern, ja ja) und dabei von sich Photos machen zu lassen. Während ihres Trips sieht sie, wie eine junge Frau von einem Mann mit einem eisernen, mit Stacheln besetztem Handschuh ermordet wird. Aufgrund ihrer absurden Geschichte, die tags darauf auch noch in der Zeitung
erscheint, verliert sie nicht nur ihren Job. Der selbe Killer scheint sie nun ebenfalls zu verfolgen, doch keiner will ihr glauben…








La Morte accarezza a mezzanotte beginnt interessant, auch wenn die dilettantische erste Mordszene doch schon eher unfreiwilliges Lachen bei mir auslöste. Zu den positiven Aspekten: Einige Kameraeinstellungen waren ganz nett (der Rest leider nur Durchschnitt) und die Darsteller sind solide (Susan Scott ist heiß!). Irgendwann läuft der Film dann allerdings aus dem Ruder. Die Story wird immer abstruser, eine pseudo-komplexe Angelegenheit, die sich in unfreiwilliger Komik äußert. Dazu kommt, daß hier soviel gelabert wird, wie schon lange nicht mehr. Ein Glück habe ich den Film in Italienisch gesehen, eine grottige englische Synchro bei dem Umfang hätte meine Ohren zum Bluten gebracht. Weniger ist mehr, Luciano!


Ich habe wirklich versucht den Film zu mögen und im Nachhinein etwas gutes abzugewinnen. La Morte accarezza a mezzanotte ist nicht völlig verhunzt, aber er bewegt sich nur an ganz wenigen Stellen aus dem Mittelmaß heraus. Luciano Ercoli hätte weniger auf Originalität beim Script setzen sollen (das ging nämlich nach hinten los) sondern lieber eine simple Story ansprechend inszeniert. Nun ja, demnächst wird sich hoffentlich zeigen, wie es richtig gemacht wird, wenn ich mir Dario Argento’s Il Gatto a nove code einverleiben werde.

The Devil’s Rejects

USA 2005
Regie: Rob Zombie


16. März 2006


“Jesus Christ, what a fucking mess. There must be 100 yards of bloody asphalt and corpse chunks.”


Violent sick fuckin’ shit, Part II.

The Devil’s Rejects setzt kurze Zeit nach den Events in House of 1000 Corpses an. Unter Leitung von Sheriff Wydell (William Forsythe), Bruder des Sheriffs aus Teil 1, stürmt eine Polizeieinheit das Versteck der Firefly Family, jedoch gelingt Otis (Bill Moseley), Baby (Sheri Moon Zombie) und Captain Spaulding (Sid Haig) die Flucht. Auf ihrer Odyssee hinterlassen die drei eine Blutspur, gejagt von Wydell, besessen davon, den Mord an seinem Bruder zu rächen.

Rob Zombie umgeht die Tücken einer Fortsetzung mit der Idee, seine Hauptcharaktere aus dem Vorgänger in ein anderes Genre zu transportieren. The Devil’s Rejects ist weniger ein klassischer Horrorfilm, sondern ein action-orientiertes, dreckiges und vor allem blutiges Roadmovie. Und es funktioniert großartig. Die Fehler aus Teil 1 weichen einer stringenten Storyline mit großartigen Bildern, die einen die Hitze der Straße spüren und den Staub förmlich schmecken lassen. Wie schon in House of 1000 Corpses gibt Zombie dem Zuschauer keine Identifikationsmöglichkeiten, alle Personen sind gleichsam brutal und widerlich, wobei der Coolness Faktor (wenn man es so nennen kann) ein weiteres Mal auf Seiten der Firely Family liegt. In diesem Aspekt liegt The Devil’s Rejects natürlich wieder auf einer Linie mit dem Exploitation Kino der 70er Jahre und spricht weniger den Fan des modernen Horrorfilms an.


“Why? Don't we make ya laugh? Aren't we fuckin' funny? You best come up with an answer, cos I'm gonna come back here and check on you and your momma and if you ain't got a reason why you hate clowns, I'm gonna kill your whole fucking family.”


Durch die klarere Struktur wirkt der Film noch kompromissloser und brutaler als sein Vorgänger und stellenweise wie eine romantisch verklärte Perversion von Wild at Heart ohne Love Story. Da auch die Gegenseite, insbesondere Sheriff Wydell, nicht weniger sadistisch zu Werke geht, kommt man immer wieder in Versuchung auch nur die kleinsten Details im Verhalten von Otis, Baby und Spaulding sympathisch zu finden, nur um im nächsten Moment wieder auf den Boden der Tatsachen zurückgeworfen zu werden.


The Devil’s Rejects ist sicherlich nicht für jedermann. Wenn man dem ersten Teil etwas abgewinnen konnte, dann wird man von Zombies Nachfolger aber sicherlich exzellent unterhalten. Rob Zombie hat seine Lektionen definitiv gelernt. Großartig ist auch der Score aus Country und klassischem Southern Rock, der bei einigen Sequenzen ein Gänsehautfeeling fabriziert (wer „Free Bird“ von Lynyrd Skynyrd einbaut, kann nur ein Guter sein!). Da die Geschichte hiermit ein Ende gefunden hat, wird es spannend zu sehen sein, welchen Weg Rob Zombie mit seinem dritten Film gehen wird. Die Möglichkeiten sind nach The Devil’s Rejects jedenfalls vielfältig.

“I am the devil, and I am here to do the devil's work.”

House of 1000 Corpses

USA 2003
Regie: Rob Zombie


16. März 2006





















“Howdy Folks! You like blood? Violence? Freaks of nature? Well then, come on down to Captain Spaulding's Museum of Monsters and Mad-Men. See the Alligator Boy, ride my famous Murder Ride. Most of all, don't forget to take home some of my tasty fried chicken! Ha ha! It just tastes so damn good!“


Violent sick fuckin’ shit, Part I.

Eigentlich war ich nur richtig heiß darauf, The Devil’s Rejects zu sehen. Daraus resultierte, daß ich mir natürlich auch den Vorgänger House of 1000 Corpses ansehen würde. Angekündigt als Wiederauferstehung des brutalen Horrorfilms der 70er Jahre im Stile des Texas Chainsaw Massacre machte ich mich auf entsprechendes gefasst. Um es vorweg zu nehmen, das Teil ist definitiv hart, fies und brutal. Jedoch kommt noch ein ziemlich kranker „Weirdo Faktor“ hinzu, der in etwa dem entspricht, was Rob Zombie mit seiner Band White Zombie musikalisch veranstaltete.


Im Unterschied zum „modernen“ Horrorfilm, bei dem die obligatorischen Teenager zumindest teilweise am Ende überleben, ist das hier die Antithese. Hier gibt es keine Hoffnung und auch keinen Moment, bei dem man hofft, daß diese vier Scheisser das Massaker am Ende überstehen könnten. Die coolen Jungs (und Mädels) sind hier allesamt Angehörige der massenmordenden Firefly Family, jedes Mitglied für sich genommen ein absolutes Original, das muß man Rob Zombie lassen. Insofern muß man sich erst einmal wieder von seinen Sehgewohnheiten umstellen, denn Filme in diesem Stil sind erst seit kurzem wieder in Mode gekommen. Hat man sich einmal damit abgefunden, funktioniert House Of 1000 Corpses ziemlich gut. Auch wenn der visuelle Stil das durchgeknallte Szenario zu unterstützen weiß, merkt man Zombies Regie dennoch ein bisschen zu viel experimentelle Vielfalt an. Daß die Story viele Fragen offen lässt und sich die Motivation der Firefly Family nicht endgültige erschließt, mag vielleicht auch an der Zensurorgie liegen, die der Film hinter sich hat.


Ich musste den Film erstmal absacken lassen. Wenn man sich jedoch erstmal auf House of 1000 Corpses eingelassen hat, dann macht der Streifen im Nachhinein gesehen richtig Spaß (sicherlich in einem sehr speziellen Sinne!). Rob Zombie hat bewiesen, daß er Talent besitzt und mit viel Originalität zu glänzen weiß. Den Rest wird die Zukunft zeigen…


"Why", you ask? "Why" is not the question. How? Now, that is a question worth examining. How could I, being born of such, uh... conventional stock, arrive a leader of the rebellion? An escapist from a conformist world, destined to find happiness only in that which cannot be explained? I brought you here for a reason, but unfortunately you and your sentimental minds are doing me no good! My brain is frozen. Locked! I have to break free from this culture of mechanical reproductions and the thick encrustations dying on the surface!“

Inside Deep Throat

USA 2005
Regie: Fenton Bailey & Randy Barbato


14. März 2006


Als mit Deep Throat 1972 der erste Hardcore Pornofilm durch alle Bevölkerungsschichten hindurch die Menschen in die amerikanischen Kinosäle strömen ließ, kam dies einer kulturellen Revolution gleich. Plötzlich wollte nahezu jeder an diesem Phänomen teilhaben, was den Film bei einem Budget von gerade einmal 22.000$ schließlich bis dato über 600 Millionen Dollar einspielen ließ. Inwieweit Deep Throat zur sexuellen Freiheit und der kulturellen Entwicklung im Allgemeinen beigetragen hat versucht der über 30 Jahre später entstandene Dokumentarfilm Inside Deep Throat von Fenton Baily und Randy Barbato zu erläutern.

Es kommen alle wichtigen Beteiligten zu Wort und es ist höchst interessant einiges über die Hintergründe der Entstehung zu erfahren. Weitaus wichtiger ist jedoch, was nach Erscheinen des Films in den Kinos geschah. Die christliche Rechte versuchte den Film zu sabotieren und gegen ihn rechtlich vorzugehen, wo es nur ging. In etlichen Staaten wurde die Aufführung unter Strafe gestellt. Während die Hauptdarstellerin Linda Lovelace zum Liebling der Mainstream Gazetten wurde, fand man mit Darsteller Harry Reems einen Sündenbock, den man wegen Verbreitung von Obszönitäten vor Gericht verurteilte. Das folgende Medienspektakel animierte selbst Hollywood Stars wie Warren Beatty öffentlich Stellung zu Zensur und Meinungsfreiheit zu nehmen. Lovelace wurde später eine Verfechterin gegen Pornographie und behauptete, sie sei mit vorgehaltener Waffe dazu gezwungen worden, diesen Film zu drehen (einige wirklich seltsame Auftritte lassen sich den Betrachter die Haare raufen!). Doch nicht nur von staatlicher Seite wurde der Film ins Visier genommen, auch die Mafia, welche den Pornosektor komplett kontrollierte, wollte ein Stück vom dicken Kuchen, was soweit führte, daß Regisseur Gerard Damiano seine Rechte für ein Taschengeld abtrat, da er um sein Leben fürchtete.

Inside Deep Throat ist ein sehr sehenswerter Dokumentarfilm, der einen wichtigen Teil der Kinogeschichte und seine Hintergründe versucht zu analysieren. Der Weg der Pornoindustrie zum weltweit größten filmischen Kapitalmarkt ist mit großer Sicherheit nur diesem Film zu verdanken. Egal wie man zu Pornographie steht, kulturhistorisch ist sein Einfluss nicht zu verleugnen. Daß der ansonsten völlig harmlose Film dann später doch noch eine sehr explizite Szene aus Deep Throat zeigt, war für mich dann doch etwas überraschend…aber ich will jetzt in diesem Zusammenhang keine Diskussion führen, ob das für eine FSK 16 Freigabe noch zu rechtfertigen ist. Ist ja kulturhistorisch relevant.

Enter The Dragon

USA 1973
Regie: Robert Clouse


12. März 2006





















“A good fight should be like a small play but, played seriously. When the opponent expands, I contract. When he contracts, I expand. And when the opportunity presents itself, I do not hit. It hits all by itself.“

In Amerika blieben die Angebote aus, Bruce Lee ging nach Hong Kong und wurde zum größten asiatischen Star aller Zeiten. Es muß für ihn eine Genugtuung gewesen sein, als nach drei erfolgreichen Filmen amerikanische Produzenten Schlange standen, um mit ihm ein Projekt zu verwirklichen. Enter The Dragon war der erste amerikanisch produzierte Martial Arts Film und ist bis heute wegweisend für das Genre.


Inszeniert von Robert Clouse wie eine Art asiatischer Bond Film ist die Story um einen Martial Arts Kämpfer, der einwilligt einen Agentenjob zu übernehmen, nur ein Konstrukt, das um die Kampfszenen und die Präsenz von Bruce Lee herum gebaut wurde. Und das reicht völlig aus, denn Lee dominiert das Geschehen in jeder Szene. Ich persönlich habe seine Filme niemals richtig konzentriert wahrgenommen, doch nachdem ich Enter The Dragon gesehen habe, kann ich die Begeisterung für Bruce Lee als Darsteller und Menschen absolut nachvollziehen. Sicher ist der Film von seiner Story her kein Meisterwerk, trotzdem ist er zum absoluten Klassiker avanciert. Das mag zum einen an den vielen Hommagen anderer Filme an Enter The Dragon liegen, viel wichtiger ist jedoch, daß er dieses gewisse „magische“ Etwas besitzt. Mit vielen fantasievollen, exotischen Szenerien und wunderbaren Kameraeinstellungen (vor allem die Sequenz im Spiegelsaal am Ende!) und natürlich dem brillianten Score von Lalo Schifrin ist der Film für viele Bruce Lees bester. Mir fehlen da leider noch die Vergleichsmöglichkeiten, jedoch bin ich nun definitiv angefixt, was ja auch ein Qualitätsprädikat ist.



Bruce Lee
erlebte den Erfolg von Enter The Dragon nicht mehr. Er starb drei Wochen vor der Premiere im Juli 1973 im Alter von 33 Jahren. Ohne ihn wäre das Genre des Martial Arts Films nicht dasselbe und sein Einfluss auf die Film- und Popkultur ist bis heute ungebrochen.


“My style, you can call the art of fighting without fighting.”

La Polizia chiede aiuto (aka Der Tod trägt schwarzes Leder)

IT 1974
Regie: Massimo Dallamano


09. März 2006
























Auf den ersten Blick ist La Polizia chiede aiuto (aka Der Tod trägt schwarzes Leder) ein typischer Vertreter des Giallo Kinos der 70er Jahre. Doch schon ziemlich schnell fügt Regisseur Massimo Dallamano dem Plot auch Elemente des zu der Zeit ebenfalls so beliebten Polizeifilms und des Politthrillers hinzu. Das Spiel mit den unterschiedlichen Genres heben den Film deutlich von den üblichen, mit blutüberströmten Frauenleichen strotzenden Giallos ab. Das bedeutet allerdings nicht, daß Dallamano mit Blut geizt, ganz im Gegenteil, der Brutalitäts- und Actionfaktor ist ziemlich hoch, rückt aber nie so weit in den Vordergrund, daß es der Geschichte schaden würde.


Die Offenheit der narrativen Form sorgt immer wieder für Überraschungen und hält das Tempo konstant weit oben. Langeweile kommt hier niemals auf, die Dialogszenen sind straff und gut geschrieben, die Hauptdarsteller Claudio Cassinelli als unnachgiebiger Inspektor und Giovanna Ralli als stellvertretende Staatsanwältin machen ihre Sache ausgesprochen gut und hauchen den Figuren viel Leben ein. Ebenfalls eine kleinere Rolle spielt Mario Adorf, ebenfalls als Inspektor, der später noch persönlich von den Ereignissen betroffen ist. Der Killer in schwarz ist ein beängstigend guter Bösewicht, dessen Identität bis zum Ende völlig im Dunkeln bleibt.


La Polizia chiede aiuto ist in seiner Thematik auch für die heutigen Sehgewohnheiten immer noch brisant. Bleibt man anfangs noch ziemlich im Dunkeln, so entwickelt sich die Story mit zunehmender Laufzeit zu einem höchst spannenden und vor allem kritischen Thriller, der mit der Thematik der Kinderprostitution und der Verwicklung bis in höchste Regierungskreise ein ungewohnt heißes Eisen anfasst.


Neben den hervorragenden Schauspielern bietet der Film eine sehr schöne Kameraarbeit und viele wirklich einprägsame Szenen. Dazu komponierte Stelvio Cipriani einen erstklassigen, eigenständigen Score zwischen Easy Listening und groovigen Morricone Anleihen. Alles in allem ist La Polizia chiede aiuto ein wirklich großer Wurf, der aus der Masse der Genrebeiträge herausragt und mich absolut begeistert zurückgelassen hat.

Ken Park

USA 2002
Regie: Larry Clark & Edward Lachman


06. März 2006


Ken Park beginnt mit dem Selbstmord eines Jugendlichen. Graphisch, schockierend und schmerzvoll. Die Gründe werden größtenteils bis zum Ende im Dunkeln bleiben. Den Selbstmord eines jungen Menschen wird man niemals schlussendlich erklären können, so Larry Clark. Damit hat er wohl Recht, und somit handelt Ken Park auch nicht von seinem Protagonisten, sondern von denen, die ihn nur flüchtig kannten, diejenigen, die möglicherweise überleben werden.

Konzentrierte sich Clark bei Kids noch auf die zwischenmenschlichen Beziehungen seiner jugendlichen Protagonisten, zentriert sich das Geschehen bei Ken Park auf vier Jugendliche und die Kluft zwischen ihnen und den Erwachsenen. Mit expliziten Darstellungen von Sex, Masturbation, physischer und psychischer Gewalt führen Larry Clark und Edward Lachman dem Zuschauer die verborgenen und doch realen Begierden der menschlichen Natur vor Auge und stoßen ihn in einen emotionalen Abgrund. Clark, selbst von der Fotografie kommend, bricht im filmischen Kontext ebenso mit der Rolle des Beobachters. Ken Park involviert unweigerlich und ist in jeder Minute fordernd.

Ken Park ist ein schwieriger Film, schwer zu analysieren und zu beurteilen. Stoff für ganze Essays, nichts für eine kurze Kritik. Zugegeben, nach dem Film war ich zwar nicht geschockt, aber doch verwirrt aufgrund der ungewohnten darstellerischen Offenheit. Die Frage, ob die unzensierte filmische Herangehensweise als Mittel zur uneingeschränkten Ehrlichkeit berechtigt ist, oder ob Ken Park ein auf Kontroverse ausgerichteter Voyeurismus zu Grunde liegt, muß in diesem Zusammenhang gestellt werden. Dieser Film ist dazu verdammt, das Publikum zu spalten, und auch ich bin mit meiner Meinung hin und her gerissen. Vielleicht ist das auch gut so, denn die Problematik fordert den Zuschauer nachzudenken, bis weit über das Filmende hinaus. Weiterhin kann man Clark völlige Übertreibung vorwerfen, die Ereignisse und die Darstellungen seien extrem überzeichnet. Ich meine, daß er hier die verschiedenen Handlungen lediglich verdichtet, der Realismus Clarks liegt tiefer und ist nicht ausschließlich festzumachen an der Darstellung der Oberfläche. Der Missbrauch und die Hoffnungslosigkeit sind real, wenn auch vielleicht nicht in dieser komplexen Anhäufung, doch dieses Mittel muß man dem Regisseur zu Unterstreichung seiner Aussage zugestehen.


Mit der abschließenden Szene entlassen uns Clark und Lachmann mit einem versöhnlichen Ende. Drei seiner Protagonisten erlaubt er die Möglichkeit auf Hoffnung, der Sex zwischen ihnen erscheint als erlösendes Mittel. In seiner Reinheit und Unschuld destilliert er das Essentielle, die Freundschaft und Zuversicht der Jugendlichen, die zumindest in diesem Augenblick aus den Fängen ihrer Umwelt entkommen zu sein scheinen.

Wild at Heart

USA 1990
Regie: David Lynch


05. März 2006




















“This whole world's wild at heart and weird on top.”


Sailor (Nicolas Cage) schlägt einen Killer zu Tode, den Lulas eifersüchtige Mutter Marietta (Diane Ladd) auf ihn angesetzt hat. Zwei Jahre wartet Lula (Laura Dern), bis Sailor aus dem Gefängnis entlassen wird. Noch immer ist ihre Mutter von Hass erfüllt. Sailor und Lula beschließen nach Kalifornien zu verschwinden, doch auf ihren Fersen ist nun nicht nur der Detektiv Johnny Farragut (Harry Dean Stanton), sondern auch Gangsterboss Santos (J.E. Freeman), beide von Marietta engagiert. Doch die Dinge scheinen auch so immer seltsamer zu werden, je länger der Trip andauert…


Wie schon in Blue Velvet wirft David Lynch erneut einen Blick hinter die gutbürgerlichen Fassaden, nur um sie in verstörenden Bildern und Sequenzen vor unseren Augen einzureißen. Ob nun Dell (Crispin Glover) mit seinen Kakerlaken, die durchgeknallte Juana (Grace Zabriskie) und ihre Helfer oder die personifizierte Abartigkeit Bobby Peru (genial: Willem Dafoe), auch Wild at Heart geizt nicht mit unerwarteten Szenen und beunruhigenden Charakteren, welche das Unverständnis von Sailor und Lula gegenüber ihrer Umwelt noch verstärken. Inszeniert von Lynch als modernes Märchen mit deutlichen Anleihen an The Wizard of Oz und verpackt in ein klassisches Road Movie, treffen hier die Abgründe des amerikanischen Kleinstadtlebens auf eine ungewöhnliche Love Story. Dazu garniert Lynch das visuell grandiose Spektakel mit einem Soundtrack, der ständig zwischen 50s Schmalz, Elvis und Heavy Metal hin und her pendelt. Trotz all dieser Zutaten bleibt Wild at Heart im Gegensatz zu Lynchs späteren Werken Lost Highway oder Mulholland Drive mit kleinen Abstrichen sehr zugänglich. Mit dem einen oder anderen unaufgelösten Handlungsstrang bekommt Wild at Heart den mystischen Touch, der mit den angesprochenen Filmen seiner letzten Phase seine künstlerische Vollendung finden sollte und das Kino in seiner herkömmlichen Form niederriss. Das hier ist für Lynch Verhältnisse leichte Kost, wenn auch im Mainstream Verständnis immer noch meilenweit von „zugänglich“ entfernt.


“Ya know, I sure do like a girl with nice tits like yours who talks tough and looks like she can fuck like a bunny. Do you fuck like that? Cause if ya do, I'll fuck ya good. Like a big ol' jackrabbit bunny, jump all around that hole. Bobby Peru don't come up for air.“

Un long dimanche de fiançailles

FR 2004
Regie: Jean-Pierre Jeunet


05. März 2006



















Jean-Pierre Jeunets
Ausflug nach Hollywood ist mittlerweile vergessen und den verdienten Erfolg und Status hat er sich mit Le Fabuleux destin d'Amélie Poulain nicht nur in Frankreich erarbeitet. Danach war abzusehen, daß er nicht nur in Bezug auf das Budget bei seinem nächsten Projekt aus den Vollen schöpfen können würde, auch die Ausmaße der Geschichte und die Visualisierung sind bei Un long dimanche de fiançailles geradezu episch. Man merkt dem Film an, daß sich Jeunet einen Herzenswunsch erfüllen wollte. So griff er abermals auf Audrey Tautou für die Hauptrolle zurück und auch sein Stammdarsteller Dominique Pinon ist wieder mit dabei.


Un long dimanche de fiançailles
erzählt die Geschichte von Mathilde (Audrey Tautou) und Manech (Gaspard Ulliel) und ihrer unerfüllten Liebe, die durch die Wirren des 1. Weltkrieges auf eine harte Probe gestellt wird.


Gezeichnet durch den Horror in den Schützengräben fügen sich fünf junge Männer selber Schusswunden zu, um wieder zurück in die Heimat zu kommen. Der Plan schlägt jedoch fehl und sie werden von einem Kriegsgericht zum Tode verurteilt, indem man sie im Niemandsland zwischen den Frontlinien aussetzt und ihrem Schicksal überlässt. Manech und die anderen ereilt unweigerlich der Tod. Mathilde jedoch glaubt nicht an seinen Tod und setzt, trotz einer Gehbehinderung, alles menschenmögliche in Bewegung, um ihren Geliebten wieder zu finden.


Jean-Pierre Jeunets
filmische Vision ist wirklich grandios. Was hier an einer Bilderflut über den Zuschauer hinwegfegt, kann man einfach nur als wunderschön und künstlerisch atemberaubend bezeichnen. Leider ist die Liebesgeschichte nicht so monumental geworden wie die Inszenierung, was mein Hauptkritikpunkt ist. Vielleicht liegt das an der typisch, französischen „nervösen“ Art und Weise, wie die Charaktere agieren, möglicherweise auch am Spiel von Audrey Tautou, die, mich leider im Gegensatz zu Ihrer Darstellung der Amelie hier nicht komplett überzeugen kann. Die Charaktere sind einfach einen Tick zu spröde, auch wenn sich Jeunet glücklicherweise bei diesem doch recht ernstem Drama mit seinen skurrilen Einfällen angenehm zurückhält (nicht daß ich Jeunets Trademarks nicht mag, aber hier wirken sie aufgesetzt und überflüssig). Doch auch wenn mich Un long dimanche de fiançailles nicht vollends ergriffen hat, so bleibt der künstlerische Aspekt von Jeunets Regie über jeden Zweifel erhaben.

Escape From New York

USA 1981
Regie: John Carpenter


03. März 2006


„Call me Snake!“

Nach ihrer ersten Zusammenarbeit bei dem 1979 für das Fernsehen produzierten Elvis, setzte sich zwei Jahre später die lange andauernde Zusammenarbeit zwischen John Carpenter und Kurt Russell mit dem Endzeitknaller Escape From New York fort.

1997 (damals war das noch die Zukunft) ist ganz Manhattan Island zum größten Staatsgefängnis der USA umfunktioniert worden. Die Gefangenen sind völlig autark und sich selbst überlassen. Als das Flugzeug des Präsidenten auf dem Weg zu einer Konferenz, die über die Geschicke der Menschheit entscheiden soll, über dem Gebiet abstürzt, zwingt der Leiter des Rettungsteams Hauk (Lee Van Cleef) den Kriminellen Snake Plissken (Kurt Russell) dazu, den Präsidenten zu finden. Mit einer Bombe im Hals bleiben ihm 24 Stunden, um nicht nur sein eigenes Leben zu retten.

Schon mit der Einführung zu Beginn des Films wird klar, wie pessimistisch, aber auch sarkastisch der Blick Carpenters auf den Zustand der amerikanischen Gesellschaft zu Beginn der 80er Jahre fällt. Die Justiz hat versagt, dem nicht mehr Herr zu werdenden Anstieg der Verbrechensrate antwortet das System mit faschistoiden Mitteln, die Demokratie, wenn auch nicht explizit erwähnt, scheint am Boden zu liegen.

“It's the survival of the human race, Plissken. Something you don't give a shit about.”


Der Grund, warum Snake Plissken zum Kultcharakter schlechthin wurde, liegt vor allem an Kurt Russells stoischer Coolness. Mit deutlichen Anlehnungen an Clint Eastwoods Mann ohne Namen verkörpert er Snake als Antihelden, dem rein gar nichts heilig ist, als sich selbst.

Die großartigen Sets fing Carpenter in beängstigenden Bildern ein, die auch heute noch als Blaupause für jeden urbanen Endzeitfilm herhalten müssen. Dazu komponierte der Meister einen minimalistischen Score, der in seiner Art einzigartig ist und nicht passender hätte sein können.


Mit einem Budget von nur 5 Millionen Dollar erschuf Carpenter eine ganz eigene, düstere Vision der nicht mehr allzu fernen Zukunft, deren Endzeitstimmung nahezu unerreicht ist. Das ist auch der Hauptaspekt, der Escape From New York von vielen Billigproduktionen ähnlicher Machart abhebt. Nachdem ich den Film nun insgesamt ca. das zehnte Mal gesehen habe, fiel mir doch auf, daß die Story selbst eigentlich recht dünn ist. Escape From New York ist, wie fast alle Carpenter Filme ein B-Movie, was aber kein Qualitätskriterium sein soll. Carpenter hat es meist verstanden, diesen Umstand für sich zu nutzen und dessen Stärken zu betonen, und genau dies gelingt ihm auch mit diesem Film. Es reicht aus, mit Snake Plissken einen der coolsten Charaktere der Filmgeschichte als Mittelpunkt zu verwenden und mit viel Fantasie und Tempo die Geschichte gradlinig zu erzählen. Escape From New York bleibt einzigartig in seiner Art und bleibt im Kontext ein Film, der nur zu jener Zeit entstehen konnte und auch heute noch wunderbar funktioniert. Als unfreiwillige Bestätigung setzte John Carpenter 15 Jahre später die Fortsetzung Escape From L.A. grandios in den Sand.

„You go in, find the President, bring him out in less than 24 hours, and your're a free man.”
”Bullshit!”
”I'm making you an offer.”
”Get a new president.”
”Is that your answer?”
”I'm thinking about it.”
”Think hard. We're still at war. We need him alive.”
”I don't give a fuck about your war... or your president.”

CQ

USA 2001
Regie: Roman Coppola


02. März 2006



















Der Coppola Clan hat, seit Vater Francis Ford Coppola die Kinogeschichte mit seinen Meisterwerken bereichert hat, nicht nur seit Tochter Sofia mit dem Oscar ausgezeichnet wurde viel zu bieten. Weniger bekannt und bisher (leider) auch nur mit einem Filmprojekt am Start ist Sohn Roman Coppola, der mit CQ seine ganz persönliche Hommage an die Swinging 60s und im Speziellen an Danger: Diabolik, der des Öfteren liebevoll zitiert wird, gedreht hat. Der Film handelt vom jungen, idealistischen Regisseur Paul (Jeremy Davis), der 1969 nach Paris geht, um einen semi-dokumentarischen, von totaler Ehrlichkeit gegenüber dem Medium geprägten Film über sein Leben zu drehen. Als bei den mit Problemen belasteten Dreharbeiten zum Science Fiction Film Dragonfly bereits zwei Regisseure (Gérard Depardieu, Jason Schwartzman) abgesprungen sind, wird Paul das Projekt anvertraut. Seine Obsession zur Hauptdarstellerin Valentine (Angela Lindvall), beginnt seine Sinne zu trüben und lässt ihn kein passendes Ende finden. Realität und Wirklichkeit verschmelzen vor Pauls Augen, während er von Dragonfly eingenommen wird.

CQ beschreibt auf sehr eindringliche und romantische Weise den Prozess des Filmemachens zu einer Zeit, als das Kino noch nicht seine Unschuld verloren hatte. In diesem Zusammenhang ist Coppolas Film jedoch weniger eine Abhandlung zum Entstehungsprozess selbst, sondern rückt den Konflikt seines Protagonisten in den Mittelpunkt, zwischen Kunst und Kommerz, zwischen Anspruch und Realität gefangen zu sein. Vielleicht durchaus einen Stempel, den sich Roman Coppola selber gerne aufdrücken möchte, indem er Paul als sein Alter Ego agieren lässt. Sein Film lebt von der Stimmung, die er erzeugt, eine Mischung aus Nostalgie, dem Fair der 60er und dem Independent Film der 90er. Insgesamt verliert sich CQ leider ein wenig zu oft in seinem Streben nach Bedeutung und vergisst dabei die Story in fokussierten Bahnen verlaufen zu lassen. Trotzdem besitzt Coppolas Einstand viel Charme und bietet nicht nur für Nostalgie Fans einigen Unterhaltungswert.


”I just want to capture what's real and honest.”
“And what if it's boring?”

When Eight Bells Toll

GB 1971
Regie: Etienne Périer


01. März 2006



















Anthony Hopkins gibt den britischen Marineoffizier Calvert, dessen Auftrag es ist, das Verschwinden von mit Gold beladenen Schiffen in schottischen Gewässern zu untersuchen. Alistair MacLean verfasste selbst das Drehbuch basierend auf seinem Roman When Eight Bells Toll.


Die Story ist nicht besonders originell, aber solide in Szene gesetzt von Regisseur Etienne Périer, der das Spektakel durchaus temporeich inszeniert hat. Die tollen Aufnahmen und schottischen Locations lassen ein sehr realistisches Agentenfilmflair aufkommen, das vorrangig durch die exzellente Darstellung von Anthony Hopkins unterstützt wird. Er spielt Calvert mit einer Unterkühltheit passend zum Ausdruck seiner Augen. Ähnlich wie Bond übergeht er bei seiner Vorgehensweise auch gerne einmal seinen Vorgesetzten, allerdings hat Calvert Ecken und Kanten, die zu überraschen wissen. Hilflos im Wasser schwimmende Angreifer, die eigentlich keine Gefahr mehr darstellen, werden von ihm mit einer Kaltblütigkeit erschossen, als sollte die Abgrenzung zum britischen Superagenten noch einmal extra verdeutlicht werden. Auch die Interaktionen mit seinem Chef (herrlich britisch: Robert Morley), der zudem später noch aktiv ins Geschehen eingreift, sind sehr gelungen.


Mit wenig Erwartungen aber großem Interesse bin ich an When Eight Bells Toll herangegangen und wurde glücklicherweise nicht enttäuscht. Die meisten anderen MacLean Adaptionen haben mich bisher immer gut bis hervorragend unterhalten (The Guns Of Navarone, Bear Island, Force 10 From Navarone und natürlich Where Eagles Dare), mit diesem Film war das nicht anders. Man sollte natürlich ein Faible für den Agentenfilm der 60er/70er mitbringen, denn für den modernen Cineasten wird When Eight Bells Toll wohl ein wenig zu unspektakulär sein. Ein erstklassiger Anthony Hopkins und die kühle, eigenartige („britische“) Stimmung, die den Film durchzieht gleichen dies allerdings mehr als wieder aus.

Syriana

USA 2005
Regie: Stephen Gaghan


28. Februar 2006



















Syriana beschreibt die Verkettung politischer und finanzieller Einflußnahme der Ölindustrie mit der Außen- und Innenpolitik der USA, und zeigt die Auswirkungen auf die Gesellschaften des Nahen und Mittleren Ostens. Dabei verdeutlicht der Film den Zusammenhang von amerikanischen Wirtschaftsinteressen und aufkeimendem Fanatismus als Prinzip von Ursache und Wirkung.

Syriana ist ein Politikum, zumindest in den USA. War dort der Aufschrei groß aufgrund der kritischen Haltung des Films gegenüber der Wirtschafts- und Außenpolitik der USA, so lässt er den Europäer bzw. den aufgeklärten und kritisch hinterfragenden Betrachter doch nicht ganz so schockiert zurück. Die Möglichkeit Korruption als Mittel der Politik durch Scheingeschäfte zu legalisieren wird in Syriana allerdings so fein und säuberlich auseinander genommen, daß einem doch die Hassgefühle im Halse stecken bleiben.

Die Kritik am Verhalten des CIA ist zwar allgegenwärtig, wird jedoch, wie auch der gesamte Film, subtil gehalten. Genau dort liegt die Stärke von Syriana, indem Regisseur Stephen Gaghan (Drehbuch Oscar für Traffic) es gänzlich vermeidet die moralische Keule zu schwingen. Die Kamera wirkt durchgehend wie die Subjektive des Zuschauers, die beobachtende Funktion versetzt einen direkt ins Geschehen, vermittelt aber fast kaum Emotionen. Auch wenn George Clooney als geschasster CIA Agent angenehm zurückhaltend spielt (nicht weniger hervorragend als in seinen letzten Rollen) so entsteht selbst zu diesem Charakter beinahe keine emotionale Bindung. Nahezu alle Charaktere sind ambivalent angelegt, das oftmals in solchen Filmen gezeichnete Schwarz-Weiß Bild wird dadurch gänzlich vermieden. Vielleicht kann man dies als Kritikpunkt auffassen, ich sehe darin eher die Stärke von Syriana, kommt es Gaghan doch darauf an, einen Inhalt zu transportieren. Dieser wird im Übrigen weit weniger kompliziert vorgetragen, als einige Kritiker dies im Vorfeld schon bemängelten. Komplex in seiner Gesamtheit und den Verstrickungen der politischen Machtspiele bleibt der Film doch logisch und nachvollziehbar. Die ständigen Sprünge zwischen den Handlungssträngen bzw. deren Ineinandergreifen wird spätestens im letzten Drittel verständlich.

Syriana ist ein Film, der nicht unterhalten soll und den „Zuschauer“ mit einem unguten Gefühl entlässt. Ein wichtiger und realistischer Film. Sehenswert!


“Corruption? Corruption ain't nothing more than government intrusion into market efficiencies in the form of regulation. That's Milton Friedman. He got a goddamn Nobel Prize. We have laws against it precisely so we can get away with it. Corruption is our protection. Corruption is what keeps us safe and warm. Corruption is why you and I are prancing around here instead of fighting each other for scraps of meat out in the streets. Corruption is why we win.“